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Kindergeld: Kein Anspruch bei nebenberuflichem Studium

Wurde der erste Ausbildungsabschnitt mit einer Qualifikation abgeschlossen, dann schließt dies nicht aus, dass dieser Ausbildungsabschnitt mit weiteren Ausbildungsabschnitten zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden kann. Eine Kindergeldgewährung wegen eines Studiums des Kindes ist jedoch nicht mehr möglich, wenn das Kind nach Abschluss der Ausbildung ein längerfristiges Dienstverhältnis aufnimmt, das deutlich mehr als 20 Wochenarbeitsstunden umfasst, sodass das Studium nur in den verbleibenden arbeitsfreien Zeiten durchführt werden kann.

Praxis-Beispiel:

Die Klägerin beantragte Kindergeld für ihre 1999 geborene Tochter, die im August 2020 ein duales Studium zur Diplom-Finanzwirtin erfolgreich abschloss. Anschließend nahm die Tochter eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung auf, die zunächst 40 Wochenstunden und dann (ab Dezember 2020) 28 Wochenstunden umfasste. Im Oktober 2020 begann die Tochter ein Studium der Rechtswissenschaften. Die Familienkasse lehnte eine Kindergeldgewährung ab, da sie der Auffassung war, dass die Tochter ihre Erstausbildung bereits mit dem dualen Studium zur Diplom-Finanzwirtin abgeschlossen habe. Das Studium der Rechtswissenschaften sei eine Zweitausbildung, die wegen der zu umfangreichen Erwerbstätigkeit der Tochter kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden könne. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können (nach Abschluss einer Erstausbildung) während einer Zweitausbildung kindergeldrechtlich nur berücksichtigt werden, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen. 

Ob mehrere Ausbildungen zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden können oder ob es sich um eine Erst- und eine Zweitausbildung handelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst setzt eine einheitliche Erstausbildung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten voraus. Diesen hatte das Finanzgericht im Hinblick auf den kurzen zeitlichen Abstand und die inhaltliche Nähe der beiden Studiengänge zu Recht bejaht. Zudem muss die Ausbildung im zweiten Abschnitt noch die Haupttätigkeit des Kindes darstellen und nicht hinter die Erwerbstätigkeit zurücktreten. Insofern ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen. 

Das Finanzgericht hat festgestellt, dass die Tochter bereits ein längerfristiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hatte, für das der Ausbildungsberuf „Diplom-Finanzwirtin“ Voraussetzung war. Konsequenz ist, dass sie allenfalls gleichviel Zeit in die Ausbildung und in die Erwerbstätigkeit investierte, weil sich die Ausbildungszeiten nach den arbeitsfreien Zeiten richteten. Aufgrund der erforderlichen Gesamtbetrachtung handelt es bei dem Studium um eine berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung (Zweitausbildung). Es kommt somit entscheidend auf den Umfang der Erwerbstätigkeit an, der hier die Grenze von 20 Wochenstunden überschritten hat.